Entwicklung eines Tools zur Empfehlung von Strategien zur Schwingungsberuhigung – #6

Hallo liebe OpenAdaptroniker,

in den letzten Posts wurden alle Strategien zur Schwingungsberuhigung vorgestellt. Mit diesem Wissen kann jetzt zu jedem Schwingungsfall, der auftreten kann, eine geeignete Empfehlung zur Schwingungsberuhigung gegeben werden. In dieser Tabelle ist noch einmal alles (etwas ausführlicher) zusammengefasst, was in den letzten Posts beschrieben wurde. In der Spalte „Anwendungsfall“ wird dabei möglichst kurz und präzise beschrieben, für welchen Schwingungszustand die jeweilige Lösung geeignet ist. Die Einträge in der Spalte „Komplexität“ sind als erster Anhaltspunkt für den zu erwartenden Aufwand zu verstehen. Ausschlaggebend ist hier insbesondere der zusätzliche regelungstechnische Aufwand, der mit semi-aktiven und aktiven Lösungen verbunden ist. Der tatsächliche Aufwand für die Umsetzung der entsprechenden Lösung hängt allerdings sehr stark von den allgemeinen Randbedingungen des Problems ab (z.B. Bauraum, Montierbarkeit, begrenzte Zusatzmasse, Budget, etc.).

Das Tool soll bekanntlich später automatisch die Empfehlungen zur Schwingungsberuhigung ausgeben. Unser Wissen darüber, wann welche Lösung angewendet werden sollte, muss also jetzt in eine Methode übertragen werden. Diese Methode muss den vorhandenen Schwingungsfall (gegeben durch die Messdaten im Frequenzbereich) mit so wenig Analyseschritten wie möglich so genau charakterisieren, dass eine Empfehlung gegeben werden kann. Für die Methode bietet sich die Verwendung eines „Entscheidungsbaumes“ an, in dem mit jedem Schritt eine genauere Charakterisierung des Schwingungsfalls umgesetzt wird. Schematisch ist das Ganze in dieser Abbildung dargestellt:

Schematischer Entscheidungsbaum für die Methode der Schwingungscharakterisierung
Schematischer Entscheidungsbaum für die Methode der Schwingungscharakterisierung

Durch die Verwendung eines Entscheidungsbaums kann die Rechenzeit verringert werden. Bestimmte Ergebnisse eines Schritts machen die Durchführung späterer Schritte unnötig, da die Charakterisierung durch sie nicht weiter verfeinert werden würde (siehe rechter Pfand in der Abbildung). Zusätzlich zu der bloßen Entscheidung  sollen vom jeweiligen Ergebnis eines Analyseschrittes später auch Gewichtungen für die unterschiedlichen Lösungen ausgehen. (Ergebnis XY spricht eher für Lösung YX.) Dazu aber in einem späteren Post mehr.

Die Aufgabe ist es jetzt herauszufinden, welche Schritte in der Methode durchgeführt werden müssen, damit der Schwingungsfall mit so wenigen Schritten wie möglich genau genug charakterisiert wird. Es ist wichtig die Anzahl der Schritte zu minimieren, weil jeder der Schritte in der späteren Programmierung mit viel Aufwand verbunden ist. Nach längerer Betrachtung der Lösungen und ihren Anwendungsfällen (siehe die Tabelle oben), haben sich diese sechs Analyseschritte ergeben:

  1. Anzahl und Lage der kritischen Peaks bestimmen (im Frequenzspektrum von x_1)
  2. Untersuchung der Herkunft der Peaks (eher aus Fußpunkterregung oder Übertragungsverhalten?)
  3. Untersuchung auf zeitvariantes Verhalten der Peaks
  4. Untersuchung des Schwingungsniveaus von x_1 im Niederfrequenzbereich*
  5. Untersuchung des Schwingungsniveaus von x_0 im Hochfrequenzbereich*
  6. Untersuchung des Schwingungsniveaus von x_1 in der Nähe des Peaks

Mit der Durchführung dieser Analyseschritte lässt sich jetzt jeder Schwingungsfall so genau charakterisieren, dass alle unzulässigen Lösungen ausgeschlossen werden können. Die verbleibenden Lösungen soll das Tool später als Empfehlungen ausgeben. Welche Lösung dann eher geeignet ist, soll wie oben bereits erwähnt mithilfe einer Gewichtung bewertet werden. Wer möchte kann hier einen Blick auf den vollständigen (und deshalb sehr großen) Entscheidungsbaum der Methode werfen.

In meinem ersten Post habe ich diese grundlegende Gliederung für das Projekt vorgestellt:

  • Recherche und Theorie der möglichen Strategien zur Schwingungsberuhigung
  • Detaillierteres Aktivitätsdiagramm des Programms entwickeln
  • Umsetzung eines Prototyps in MATLAB
  • Endgültige Implementierung in Open Source Software

Mit diesem Post ist der erste Punkt jetzt abgeschlossen. Entsprechend werde ich im nächsten Post dann auf den vorgesehenen Programmablauf des Tools eingehen. Bis dann.

Hier geht’s zum vorherigen Post.
Hier geht’s zum nächsten Post.

* Die Begriffe Niederfrequenzbereich und Hochfrequenzbereich beschreiben hier die jeweils für unser Problem relevanten Bereiche und beziehen sich nicht auf die bspw. aus der E-technik bekannten Definitionen für Niederfrequenz und Hochfrequenz


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